ANgeDACHT - Ein Stück Land und eine Kuh: "Freude, Einfalt, Barmherzigkeit..."

Diakon Ralf J. Tikwe
Bildrechte Johannes Dubberke

„Laudate omnes gentes, laudate Dominum“, eine eingängige mehrstimmige Melodie vertieft, ja mehr noch, verinnerlicht, ein Psalmwort (Ps. 117). Das Singen in der Mehrstimmig- und Vielstimmigkeit, stiftet ganz unmittelbar Gemeinschaft über Sprachgrenzen hinaus.

„Lobsingt, ihr Völker alle...“ - Lob, das auch über Länder- und Konfessionsgrenzen hinweg mit dem Psalmwort nicht nur bekannt, sondern in der gesungenen Harmonie erfahrbar, vertieft und erlebt wird. Das ist es, was die Liedrufe und Gesänge aus Taizé ausmacht, die Kraft der spürbaren Gemeinschaft, das ökumenische Bekenntnis, die gelebte Versöhnungsarbeit.

In diesen Tagen wird dem 20. Todestag von Roger Schutz gedacht. Als jüngstes Kind von 8 Geschwistern wird er 1915 in Provence (Schweiz) geboren. In der Lebensrückschau sieht Roger seine Eltern (Mutter katholisch und der Vater ein reformierter Pastor) und Großmutter als Nährboden für seine tiefe ökumenische Haltung.

Mit Blick auf seine Großmutter ist er dankbar dafür, dass sie „in mir den Glauben meiner Ursprünge mit dem Geheimnis des katholischen Glaubens zu versöhnen, ohne mit irgendjemandem zu brechen.“

Ursprünglich wollte Roger seiner schriftstellerischen Ader folgen, studierte dann aber Theologie in Lausanne und Straßburg. „Alles, was zu systematisch vorgeht, mag ich nicht, unterstütze ich nicht. Es gibt einen ganzen Teil an Spontaneität, an innerem Leben, an den Dingen des Herzens, des Seelenlebens, der dadurch beschädigt wird.“, so reflektiert Roger später einmal seine durchaus kritische Haltung zur reinen Theologie. Lebenslang war ihm wichtig sich von Gottes Wort immer wieder vom Herzen her berühren und bewegen zu lassen. So versteht sich auch sein Lebensmotto: „Lass dich durchdringen vom Geist der Seligpreisungen: Freude, Einfalt und Barmherzigkeit.“ 

Aus einer Studentengruppe, die Roger 1939 gegründet hatte, entwickelte sich mehr und mehr eine kleine Gemeinschaft. Man blieb im regelmäßigen Austausch zu Themen des Glaubens, gestaltete Einkehrtage und Zeiten der Meditation. Inmitten des zweiten Weltkrieges begegnet er einer Frau in Taizé: „Kaufen Sie das Haus und bleiben Sie hier. Wir sind so allein!“ Was keiner ahnen konnte und mit dem Kauf eines Stück Landes und einer Kuh begann, sollte das kleine Dorf Taizé in Burgund zu einem einladenden Ort, der ökumenischen Gemeinschaft, der Versöhnung und „Communauté“ wandeln. Jedes Jahr kommen nunmehr bis zu 100 000 (vor allem junge) Menschen aus aller Welt zur Einkehr bei den Brüdern nach Taizé.

Noch einmal Frère Roger: „In meiner Jugend, in dieser Zeit, in der es solche Spaltungen quer durch Europa gab, fragte ich mich unablässig: Warum dieses Gegeneinander der Menschen, selbst bei den Christen?“

Diese Erfahrung der Zerrissenheit in der Weltfamilie begleitet unsere Tage weiterhin und erneut. Gerade deshalb ist es so wertvoll gelingende Erfahrungen, Orte der Versöhnung und verbindendes Feiern der Gegenwart Gottes wahrzunehmen, zu fördern und dankbar selbst zu leben.

Mögen Sie - wie heute im Gottesdienst, in Taizé und an vielen Orten unserer Erde – auch mit ihrer Stimme, der lebendigen Sehnsucht und vertrauenden Fürbitte immer wieder Ausdruck und Kraft verleihen:

„Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht.
Christus, meine Zuversicht,
auf Dich vertrau´ ich und fürcht´ mich nicht.“

shalom ralf j. tikwe