Jesus kommt nach Jerusalem. „Und als er nahe hinzukam und die Stadt sah, weinte er über sie“ (Lukas 19,41). Er sieht nicht nur Mauern und Häuser, sondern die Herzen der Menschen. Er sieht die Sehnsucht nach Frieden – und zugleich die Blindheit dafür. Sein Weinen zeigt: Gott sieht tiefer, und seine Liebe zerbricht nicht, auch wenn wir uns ihm verschließen.
Auch wir leben in einer Zeit, in der vieles unsicher und brüchig ist. Der Gipfel in Washington am Montag hat Hoffnungen geweckt, aber noch keine klare Perspektive eröffnet. Wir spüren, wie fragil unsere Zukunft ist – in Europa, in unserer Gesellschaft, in unserem eigenen Leben. Wir machen uns Sorgen: Wie geht es weiter – für Europa, für uns, für unsere Kinder? Wo führt das hin? Was gibt uns Halt?
Jesus klagt: „Wenn doch auch du erkannt hättest, was zum Frieden dient“ (Lukas 19,42). Diese Worte treffen uns mitten in unser Innerstes: Auch bei der Lage in Israel und Gaza sehnen sich Menschen nach Sicherheit – doch der Frieden bleibt aus. Jesu Tränen über Jerusalem sind auch Tränen über jede Stadt, die im Strudel von Gewalt und Misstrauen ihre Zukunft verspielt, damals wie heute, egal ob Stadt oder Land.
Der Tempel steht in dieser Geschichte als Zeichen für Gottes Nähe. Und doch musste er gereinigt werden. Jesus wirft im Tempel die ganzen Marktstände um und vertreibt die Händler. Wer wären heute die „Händler“, die Jesus hinaustreiben würde? Vielleicht all jene, die den Glauben missbrauchen, um Macht zu sichern, Angst zu schüren oder den eigenen Vorteil zu suchen. Vielleicht aber auch wir selbst, wenn wir Gott im Alltag keinen Raum geben.
Und doch bleibt Gottes Ruf: Was verfehlt wurde, darf neu beginnen. In Christus finden wir Frieden – nicht als bloße Hoffnung, sondern als tragende Kraft. Er lädt uns ein, auch dort Vertrauen zu wagen, wo wir keine Perspektive sehen.
Sehen – Verfehlen – Finden: Jesus sieht uns liebevoll. Er weiß um unsere Schwachheiten und benennt, was uns fehlt. Und er öffnet uns den Weg, seinen Frieden zu finden – mitten in unseren Unsicherheiten und Ängsten.
Von Herzen wünsche ich Euch eine gesegnete Woche
Euer Pfarrer Martin Dubberke