Als ich mich kürzlich mit einem sehr engagierten und aktiven Gemeindemitglied traf, um den Trauergottesdienst für den verstorbenen Ehepartner vorzubereiten, war die Überraschung groß, als ich sagte, dass es auch eine eigene Liturgie für den Trauergottesdienst gäbe. Deshalb denke ich, dass es an dieser Stelle vielleicht ganz gut ist, erst einmal einen kleinen Überblick zu geben.
Neben mir auf dem Schreibtisch liegt gerade das Evangelische Gottesdienstbuch, das mich schon seit vielen, vielen Jahren – eigentlich mein ganzes Leben seit dem Studium begleitet. Allein dieses Gottesdienstbuch hat 680 Seiten. In diesem Gottesdienstbuch finden sich die Grundformen der Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen. Und dann gibt es ausgeformte Liturgien, weitere Gottesdienste und auch Gottesdienstgestaltung in offener Form. Und in meinem Regal stehen dann noch zahlreiche Agenden – gewissermaßen für jeden Anlass eine. Da ist z.B. ein ganzer Band zur Trauung, einer zur Taufe, zur Beichte, zur Ordination, Einführungs- und Segenshandlungen, einen zu Berufungen und mehr und nicht zu vergessen noch ein Band zur Konfirmation. Das ist schon eine ganze Menge. Diese einzelnen Bände sind sogenannte Agenden. Agende kommt von lateinischen „ago“ also „ich tue“. Die Agende ist damit das zu tuende. Nebenbei gesagt: Der Akt kommt ebenfalls von „ago“ und heißt dann nichts anderes als „die Handlung“.
Aber was ist nun der Unterschied zwischen einer Liturgie und einer Agende? Versuchen wir es mal mit einer Definition:
Liturgie – wir erinnern uns – kommt vom altgriechischen „leitourgia" = öffentlicher Dienst und bezeichnet den Ablauf und die Gesamtheit des gottesdienstlichen Geschehens. Die Liturgie umfasst alle Elemente des Gottesdienstes: die Gesänge, die Gebete, die Gesten der Geistlichen, die Lesungen, die Verkündigung und den Segen, symbolischen Handlungen, aber auch die liturgische Kleidung und die liturgischen Farben. Wir erinnern uns hier an den entsprechenden Abschnitt in der Serie „Kirchenausstattung“.
Die Agende ist das Buch beziehungsweise die Bücher, in denen die feststehenden und wechselnden Stücke des regulären Gottesdienstes sowie der Amtshandlungen aufgeführt sind. Sie beschreibt das, was im Gottesdienst jeweils vom Liturgen und von der Gemeinde vorgenommen wird. Dazu gehören u.a. aufstehen, sitzen, gehen, stehen, beten, singen. Die Agende ist gewissermaßen eine Verhaltens- resp. Handlungsanweisung. Man könnte auch von einem Regiebuch reden. Es gibt auch Landeskirchen, in denen die Agende „Gottesdienstbuch“ genannt wird. Es gibt sogar einen klitzekleinen Sonderband, der den Titel „Kleiner Liturgischer ‚Knigge‘“ heißt.
So, aber nun kommt die Antwort auf die Frage nach dem Unterschied: Während die Liturgie die tatsächliche Feier des Gottesdienstes ist, ist die Agende das schriftliche Regelwerk, das vorschreibt, wie die Liturgie zu vollziehen ist.
Pfr. Martin Dubberke