KIRCHENAUSSTATTUNG: Folge 37 - Die Orgel

Kirchenausstattung - Die Orgel
Bildrechte Martin Dubberke

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern als uns in der achten Klasse auf dem Gymnasium im Rahmen der Instrumentenkunde unser Musiklehrer, Herr Pabel, fragte, was für ein Instrument die Orgel sei. Ein Klassenkamerad hob sofort die Hand und antwortete: „Ein passives Blasinstrument.“ – Unser Lehrer und auch wir mussten damals lachen. Alle fanden die Antwort originell und eigentlich war sie auch nicht falsch. Also, was ist nun die Orgel und welche Rolle spielt sie bei uns im Gottesdienst? Und warum sagt mancher, dass diese Königin der Instrumente sogar ein Evangelisches Instrument sei? Schließlich gibt es doch auch in Katholischen Kirchen Orgeln oder in Konzerthäusern. Und in Zeiten des Stummfilms gab es sogar im Kino die berühmten Kinoorgeln.

Die Ursprünge der Orgel reichen bis in die Antike zurück. Schon im 3. Jahrhundert vor Christus experimentierte der griechische Techniker Ktesibios mit Pfeifenreihen, die er durch Kolbenpumpen zum Klingen brachte. Bis ins 13. Jahrhundert hinein galt die Orgel zunächst als Statussymbol und war vor allem als Begleitinstrument bei öffentlichen Veranstaltungen im Gebrauch. Und erst vom 13. Jahrhundert an bewegte sich die Orgel allmählich in den sakralen Raum hinein. Damit verbunden waren zahlreiche innovative Entwicklungen des Instruments, um das Klangfarbenspektrum zu erweitern, wozu auch die Einführung des Pedals gehörte. So entwickelte sich die Orgel mehr und mehr zu einer liturgischen Begleiterin.

Als sich dann mit Beginn der Reformation das Gottesdienstverständnis änderte, wirkte sich das auch auf die Rolle der Orgel aus. In der „Deutschen Messe“, die Luther 1526 veröffentlichte, wurde der Gemeindegesang zu einem zentralen Element des Gottesdienstes. Zusammen mit Johann Wallner schuf Martin Luther für den gottesdienstlichen Gesang neue Melodien. Und genau hier entdeckte er die besondere Wirkung, die mit der Orgel verbunden ist. Von Luther stammt ja auch der Satz: „Unserem Herrn Christo ein Lied schlagen auf der Orgel.“ Er unterstreicht damit, dass die Orgelbegleitung ein Ausdruck der Lobpreises Gottes ist. Die Kombination von neuen Melodien und Orgel führte zu einer großen Verbreitung des Evangelischen Kirchenliedes. Man könnte sogar sagen, dass das evangelische Kirchenlied auf diese Weise volkstümlich wurde.

Im Hinblick auf das Thema Orgel als Evangelisches Instrument gibt es noch eine kleine Anekdote aus der Geschichte unserer Kirchengemeinde. Als 1939 das Grundstück, auf dem heute die Realschule steht, der Kirchengemeinde enteignet wurde, erhielten wir einen Kaufpreis von rund 34.000 Reichsmark. Auf dem Grundstück wollte Adolf Hitler ein Hallenbad errichten lassen. Dieser Kaufpreis wurde auf der Grundlage der damals geltenden „Preisstoppverordnung“ also eines Kaufpreisdeckels festgelegt. Unsere Kirchengemeinde wollte von dem Geld damals einen elektrischen Geläuteantrieb anschaffen und eine neue Orgel. Dafür reichte sie beim Landeskirchenrat die Pläne, die Voranschläge, ein Sachverständigengutachten über die vorhandene Orgel und die entsprechenden Beschlüsse ein. Aus dem Landeskirchenamt kam damals folgende Antwort: „Es muss erwartet werden, dass ausser der Firma Moser, deren Inhaber katholisch ist, auch evang. Orgelbauunternehmer an der Konkurrenz beteiligt werden.“ Ich glaube, so eine Antwort würde man heute nicht mehr bekommen – glücklicherweise.

Pfr. Martin Dubberke