ANgeDACHT - Normale Reaktionen auf eine unnormale Situation

Pfarrerin Birgit Schiel
Bildrechte Pfarrerin Birgit Schiel

Ich erinnere mich an einen Einsatz aus meiner Zeit als Notfallseelsorgerin:

Es ist mitten in der Nacht, als der laute Alarm losgeht. Ein Brand auf einem Bauernhof. Niemand ist verletzt, aber die Rinder im Stall sind tot. Ich frage mich durch beim Einsatzleiter, bis ich zu den Hofbesitzern komme. Die Familie ist in der Küche. Einer Mann sitzt ganz ruhig da, sagt kaum einen Ton. Eine Frau zittert, weint, klagt laut. Ein weiterer rennt auf und ab, schimpft.

Normale Reaktionen auf eine unnormale Situation. Ich finde nicht, dass die Menschen depressiv, instabil, oder psychologisch auffällig sind. So ist das nun mal, wenn man auf eine Situation trifft, auf die man nicht vorbereitet ist und die man erst mal nicht gleich bewältigen kann. Die Seele sucht sich Wege, sich zu schützen. Durch Abschottung, Emotionen rauslassen, sich körperlich abreagieren, was auch immer.

Ich gehe ins Krankenhaus. Alle sind noch geprägt vom Zugunglück, berührt, bewegt, verunsichert, fragend: warum? warum das auch noch? Nach allem, was eh schon schief läuft in der Welt?

Alle stellen sich zur Verfügung, um die Krise zu bewältigen. Was für eine berührende Solidarität! Ich rede mit Menschen, die im Zug saßen, als es passiert. Sie berichten von Menschen die ganz instinktiv einander helfen. Von großen Schrecken, aber auch großem Mut. Eine normale Reaktion auf eine unnormale Reaktion. Menschen sind im tiefsten Inneren liebevoll. Und höre, wie die Helfer vor Ort von ihren Vorgesetzten, die weit weg sitzen, unter Druck gesetzt werden, schneller zu arbeiten.

Alles soll "funktionieren" zum G7 Gipfel. Kein Wort der Solidarität und des Mitgefühls für das, was gerade passiert. Was für eine unnormale Forderung, was für eine gefühllose Reaktion in dieser unnormalen Situation! Dennoch akzeptieren wir eine solche Forderung als normal.

Ich will nicht Normalität. Ich will Echtheit. Und „echt“ im Moment bedeutet nun mal, dass wir in einer unnormalen Situation nicht normal reagieren müssen. Es darf mal alles anders sein, ich darf mich anders fühlen, anders denken, anders handeln. Ich darf alles in Frage stellen, vor allem das, was als normal gilt.

Ich bete zu Gott. Ihm darf ich erzählen, er hört zu, lässt alles da sein, was da ist. Er ist mein Notfallseelsorger für jeden absurden neuen Tag.

Ein neuer Tag beginnt in einer unnormalen Situation. Aber wenigstens bin ich nicht normal. Ich bin echt. Und nicht allein damit. Gott sei Dank!

Ihre (gerne) unnormale Pfarrerin

Birgit Schiel

 

Nicht alle Menschen in unserer Gemeinde haben Internet. Wir legen daher in unseren Kirchen ausgedruckte Exemplare unserer Gemeindewoche mit dem ANgeDACHT, den aktuellen Terminen und Neuigkeiten aus der Gemeinde aus. Gerne können Sie die aktuelle Gemeindewoche runterladen und einem Nachbarn oder einer Nachbarin mit einem kleinen Gruß in den Briefkasten stecken.

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14.04.2024 Misericordias Domini

Wochenspruch: Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Joh 10,11a.27–28a)
Wochenpsalm: Ps 23
Eingangspsalm: Ps 23
AT-Lesung: Hes 34,1–2(3–9)10–16.31
Epistel: 1. Petr 2,21b–25
Predigttext: 1. Mose 16,1–16
Evangelium: Joh 10,11–16(27–30)
Wochenlied: Der Herr ist mein getreuer Hirt (EG 274)
oder
Es kennt der Herr die Seinen (EG 358)
Liturgische Farbe: Weiß


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