ANgeDACHT - Lebensklug werden

Pfarrer Martin Dubberke
Bildrechte Johannes Dubberke

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. (Psalm 90,12) In dieser Woche habe ich zwei Menschen zu Grabe getragen. Zwei Mütter, die sehr alt geworden sind. An den Gräbern standen ihre Söhne und weinten. Aber wir lachten auch miteinander, weil wir das Leben dieser beiden großartigen Frauen gefeiert haben. Und beide Mütter waren schlau, humorvoll und eben einfach großartig. Da gab es viele humorvolle Anekdoten zu erzählen. Ich persönlich finde immer, dass auf einer Beerdigung mehr gelacht als geweint werden sollte, weil – so traurig es auch ist – aber das Leben nicht nur aus dem Moment des Todes besteht, sondern ein Mensch so viel mehr ist.

Gerade dieser Tage habe ich einen wundervollen Essay in der „Welt“ gelesen, wo der Kolumnist Hans Zippert über seine Mutter geschrieben hat, die mit 100 Jahren und drei Monaten gestorben ist. An einer Stelle schreibt er: „Ungefähr ab ihrem 98. Lebensjahr dachte ich manchmal, vielleicht stirbt sie ja gar nicht.“

Ja, es gibt Menschen, da hat man das Gefühl, dass sie ewig leben. Ich besuche manchmal in unserer Gemeinde eine Frau, die mittlerweile 105 Jahre alt ist und, wenn die Gratulanten aus aller Welt anrufen, sie spielend in unterschiedlichen Sprachen unterwegs ist, die sie fließend spricht.

Aber, wir leben auf Erden eben nicht ewig. Wir merken das zuweilen, wenn es um Entscheidungen geht, um Lebensentscheidungen. Ich bin jetzt sechzig. Die Kinder sind aus dem Haus. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich gelebt. Was stelle ich mit dem an, was noch vor mir liegt. Was stellen meine Frau und ich mit unseren beiden Leben in diesem neuen Lebensabschnitt an? Mein Vater ist vor neun Jahren mit 85 Jahren gestorben und meine Mutter ist dieser Tage 92 Jahre alt geworden. Ich kann es mir also aussuchen. Wenn alles gut geht, habe ich vielleicht noch um die 30 Lebensjahre vor mir. Wie will ich die zusammen mit meiner Frau leben? Und ich glaube, dass ich nicht der einzige Mensch bin, der sich diese Frage stellt. Angesichts der Möglichkeit des Todes, wenn man in Anbetracht seines Alters jeden Tag dieser Marke der irdischen Endlichkeit näher kommt, und sein Leben Revue passieren lässt, kann man wunderbar sehen, wo Gott einen getragen hat. Und dann stellt sich die Frage: Was mache ich mit der Zeit, die noch vor mir liegt? Wenn ich klug bin, dann nutze ich sie für das Leben, für das Rühmen Gottes und bin dankbar für jeden neuen Tag.

Ich wünsche Euch eine gesegnete neue Woche

Euer Pfarrer Martin Dubberke