ANgeDACHT - Da weint ein Sterbender

Zugspitzkapelle
Bildrechte Uli Wilhelm

Die höchstgelegene Kirche Deutschlands liegt in unserem Gemeindegebiet. Es ist die Kapelle Mariä Heimsuchung auf dem Zugspitzplatt auf der Höhe von rund 2600 Metern. Dort oben feiern wir jeden Dienstagmittag eine Berg-Andacht mit Gästen aus aller Welt.

Ich bin gerne dort oben. Die fantastische Aussicht, die liebevoll gestaltete Kapelle, vor allem aber die interessanten Begegnungen und Gespräche mit Gästen gefallen mir. Jedes Mal staune ich neu über die technischen Meisterleistungen der Menschheit: in den 1920er Jahren hatte mein Großvater an der Zahnradbahn mitgebaut. Heute führt die größte freischwebende Seilbahn der Welt vom Eibsee hinauf an diesen faszinierenden Ort.

Neben allem Staunen bin ich aber auch erschrocken: Von Woche zu Woche schmilzt der Gletscher weiter ab, täglich rund 5 Zentimeter. Ein kleiner Schmelzwassersee ist inzwischen entstanden. Wo man vor wenigen Jahren im Sommer noch rodeln konnte, ist heuer nur noch Schotter und Geröll zu sehen. Mehr und mehr verwandelt sich der Gletscher in eine Steinwüste. Nicht der Verlust einer touristischen Attraktion macht mich freilich traurig, sondern die Tatsache, dass der Klimawandel scheinbar unaufhaltsam voranschreitet, trotz aller Konferenzen, Absprachen und Bemühungen. Wenn ich dort oben das Rauschen und Gluckern des schmelzenden Gletschers erlebe, habe ich das Gefühl, da weint ein Sterbender.

Sammle meine Tränen in deinen Krug, Herr, ohne Zweifel, du zählst sie (Psalm 56,9)

so betet zur Zeit des Alten Testaments jemand. Ob Gott die Tränen des Gletschers wohl auch sieht? Ich bete darum, dass es so ist. Und dass unsere Herzen angerührt werden und wir für die Bekämpfung einer Klimakatastrophe mindestens genauso viel Kreativität, Ideen, Sachverstand und Engagement aufwenden wie einst unsere Vorfahren für die Erschließung der Berge.

Die Kapelle „Mariä Heimsuchung“ wurde übrigens aus Dankbarkeit für eine überraschende Heilung gebaut. Ich will an der Hoffnung festhalten, dass Heilung auch für die Natur möglich ist. Mit Gottes und der Menschen Hilfe. 

Ihre

Pfarrerin Uli Wilhelm

Pfarrerin Uli Wilhelm
Bildrechte Uli Wilhelm

Nicht alle Menschen in unserer Gemeinde haben Internet. Wir legen daher in unseren Kirchen ausgedruckte Exemplare unserer Gemeindewoche mit dem ANgeDACHT, den aktuellen Terminen und Neuigkeiten aus der Gemeinde aus. Gerne können Sie die aktuelle Gemeindewoche runterladen und einem Nachbarn oder einer Nachbarin mit einem kleinen Gruß in den Briefkasten stecken.

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Liturgischer Kalender

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Wochenspruch: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5,17)
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Predigttext: 2. Kor 4,14–18


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Pfarrerin Uli Wilhelm
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