Jeder kennt das. Es gibt Menschen, denen man aus dem Weg geht, mit denen man nichts zu tun haben möchte. Es gibt Menschen, mit denen man nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden möchte, weil man Angst hat, dass da etwas auf einen abfärben könnte. Nur allzu leicht vergessen wir, dass auch der Mensch, über den wir mal abfällig reden, von dem wir uns distanzieren, auch ein Geschöpf Gottes ist, egal ob sympathisch oder unsympathisch, ob einer politischen Meinung mit mir oder nicht. Oder schauen wir uns nur mal das Fernsehen an, wie da Menschen in Nachrichten oder Talksendungen begegnet wird und vor allem, was da manchmal über andere Menschen gesagt wird. - Tja, und dann lenkt der Monatsspruch für Juni unseren Blick auf einen Satz aus dem Munde des Petrus:
Mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf! (Apostelgeschichte 10,28)
Der sitzt. Und ich sage noch nichts zum Kontext, aus dem dieser Vers gerissen wurde. Das ist ja das Schöne, wenn man mit einem Male mit so einem Vers konfrontiert wird. Und Monatssprüche oder Losungen sind ja nicht für Theologen ausgesucht oder gelost worden, sondern für jeden Menschen, auch für die, die nicht an Gott glauben. So, und dann sieht man so einen Vers und denkt sich: Was soll mir das denn ausgerechnet jetzt sagen? Die höchste Instanz, die es überhaupt gibt: Gott, Gott höchstpersönlich hat Petrus gezeigt, dass man keinen unheilig oder unrein nennen darf. Gut, wir finden eher selten Worte wie unheilig oder unrein für jemanden. Aber in welche Kategorie fallen z.B. solche Zuschreibungen über Politiker, wie z.B.: „narzisstischer Blender“ oder „ein politischer Clown“, „ein paranoider Autokrat“, „Kriegstreiber“, „neoliberaler Herrenreiter“. Das sind nur wenige Beispiele und vermutlich kann jeder erkennen, wer gemeint ist. All diese Benennungen erklären den anderen als unheilige oder unreine Person, als jemanden, der nicht dazugehört. Das erinnert mich an meine Sandkastenzeit. Wer einen im Sandkasten geärgert hat, wurde ausgeschlossen. Der gehörte nicht mehr dazu.
Aber vergessen wir mal für einen Moment die Großkopferten. Es gibt ja noch die Menschen im eigenen Umfeld, im eigenen Ort, für die man bei der Beschreibung des Verhältnisses ganz eigene Benennungen hat. Ich denke hier an Flüchtlinge, Bürgergeld-Empfänger, Zugereiste aller Arten und Sorten u.v.a.m. Kommen wir so weiter? Kommen wir so dem „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ näher? Einer meiner Lieblingssätze lautet: „Der ist eine ganz schöne Herausforderung an meine Nächstenliebe.“ Und ich gebe zu: Es gibt viele solcher Herausforderungen in meinem Leben.
Und damit komme ich nun endlich wieder beim Monatsspruch an. Warum sagt eigentlich Petrus hier das, was er sagt? – Er spricht diese Worte, weil er gerade das Haus des römischen Hauptmanns Kornelius betritt – ein Nichtjude, ein Heide. Nach jüdischem Gesetz war es eigentlich verboten, als Jude enge Gemeinschaft mit Nichtjuden zu haben. Doch Gott hatte Petrus zuvor in einer Vision gezeigt, dass er niemanden als „unrein“ oder „minderwertig“ ansehen soll. Sowohl Petrus als auch Kornelius hatten eine göttliche Vision gehabt. Für Petrus ist in dem Moment klar, dass Gottes Liebe und Erlösung allen Menschen gilt, nicht nur den Juden. Das ist der Moment, als sich die Gemeinde auch für Nichtjuden öffnet. Damit war der Grundstein für die weltweite Kirche gelegt. Und heute? – Im Gegensatz zum Menschen macht Gott keine Unterschiede zwischen Menschen. Seine Liebe ist ungeteilt. Niemand wird ausgeschlossen – weder durch Herkunft, Kultur, Status noch Vergangenheit. Tja, wenn uns das gelingen würde – und auch denen, die uns regieren – gäbe es endlich Frieden ohne Wenn und Aber. So, aber nun bist Du wieder dran. Wie könntest Du dem, den Du als „außen vor“ ansiehst, mit Gottes Liebe begegnen?
Euer
Pfr. Martin Dubberke